1907
Morgner verkauft Zeichnungen
„das Stück für einen Groschen“ und veranstaltet mit einem Mitschüler
Vorstellungen mit einem „kinematographischen Apparat“ gegen Eintritt. Mit
dem Ersparten reißen die beiden von zu Hause aus. Der ursprüngliche
Plan, mit einem Schiff nach Amerika zu gelangen, scheitert jedoch in Amsterdam.
Morgner fühlt sich
offenbar bereits zu diesem Zeitpunkt deutlich als Außenseiter, gleichzeitig
aber auch als eine „Art Respektsperson“.
Aus einem Brief an Georg
Tappert über diese Zeit: (4) „...In
meinem Bauche war etwas anderes, was immer nach Luft verlangte, wie ich
meinte. In Farbe strömte dies nicht über und ich verfiel auf
die Idee mich gründlich mit anderen Pennälern und sonstigen Jungen
herumzubalgen und zu prügeln. Ich hatte es damals, natürlich
vor meiner Worpsweder Zeit zu einer Art Respektsperson für alle Pennäler
und Volksschüler gebracht. Ich brachte es fertig, zehn bis zwanzig
Jungen
meines Alters auf einmal zu verprügeln. Auch in anderen Kraftleistungen
hatte ich es zu einer ziemlichen Höhe gebracht. Ich hob unter anderem
90 Pfd. Eisen mit einer Hand dreimal über den Kopf und war im Ringen
der Gefürchtetste im ganzen Pennal, obwohl ich erst auf der Tertia
war.“...
Die Mutter, froh, ihren
Sohn wohlbehalten aus Amsterdam zurück zu haben, verspricht ihm, ihn
Maler werden zu lassen, wenn er das Zeugnis zum „Einjährigen“ schaffen
würde.
1907/08
Morgner erkundigt sich bei
Professor Ludwig Kühn, Maler und Radierer in Nürnberg, nach dem
„Werdegang eines Malers“. (5)
Auch Otto Modersohn, gebürtiger Soester und Mitbegründer der
Malerkolonie in Worpswede, wird um Rat gefragt und weist auf die private
Kunstschule Georg Tapperts in Worpswede hin.
1908
Mit dem Zeugnis zum „Einjährigen“
verlässt Morgner das Archigymnasium und besucht vom 8. Oktober bis
zum 30. Januar des Folgejahres Tapperts private Kunstschule. Hier erhält
er eine technisch-handwerkliche Grundausbildung des Malens, gleichzeitig
hält Tappert seinen Schüler zu einem intensiven Naturstudium
an und führt ihn in die Probleme von Farbe und Form in der modernen
Malerei ein.
In diesem Jahr beginnt auch
der Briefwechsel zwischen Morgner und seinem Freund, dem Bildhauer Wilhelm
Wulff, der später mehrere Porträtbüsten Morgners schaffen
wird.
1909
Ab Februar wieder in Soest,
richtet Morgner sich ab April ein „Sommeratelier“ in dem nahe Soest gelegenen
Dorf Hattrop ein. Auch ein sich an ein Hinterhaus an der Kesselstraße
in Soest anlehnender Schuppen dient als Atelier.
Noch vor September dieses
Jahres findet im Verkaufsraum der Farbenhandlung Aschoff, einem heute nicht
mehr existierenden Geschäft in der Jakobistraße, wo der junge
Maler seine Farben zu kaufen pflegte, die erste Ausstellung mit einigen
Gemälden und Zeichnungen statt. Wenigstens eine Zeichnung „Flusslandschaft“
wurde auch verkauft. Leider sind dem Verfasser bis heute keine weiteren
Angaben zur Ausstellung bekannt geworden.
Beginn des Briefwechsels
mit Georg Tappert, der bis zu Morgners Tod 1917 ohne wesentliche Unterbrechungen
andauern wird und unverzichtbar zum Verständnis von Morgners Leben
und Werk ist.
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